Lebensqualität durch Erholungsräume
Lebensqualität durch Erholungsräume
Auftraggeber
Verein Metropolitanraum Zürich
Zeitraum
2013 - 2014
Ansprechperson
Philip Knecht
+41 (0)44 456 20 15
Landschaftsarchitektur
Müller Illien Landschaftsarchitekten GmbH, Zürich
Der Metropolitanraum Zürich sieht sich weiterhin mit einem starken Bevölkerungswachstum konfrontiert. Mit dem Trend zur baulichen Verdichtung nach innen steigt auch die Bedeutung von attraktiven Freiräumen. Ein Initialprojekt der Metropolitankonferenz zeigt den betroffenen Gemeinden und Regionen auf, wie attraktive Freiräume erkannt, als unbebaute Flächen gesichert und für die Bedürfnisse der Erholung aufgewertet werden können.
Die räumliche Vielfalt ist eine der herausragenden Merkmale des Metropolitanraums: Teilräume mit unterschiedlichsten Charakteren und Qualitäten liegen dicht beieinander und ergänzen einander (Quelle: Metropolitankonferenz Zürich, Projekt Metrobild, berchtoldkrass space&options).
Die unmittelbar an die Siedlungsgebiete angrenzende Landschaft hat sich im Metropolitanraum in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Der Siedlungsdruck durch die rege Bautätigkeit, aber auch die damit verbundenen Infrastrukturbauten verändern und verbrauchen Landschaft. Nutzungskonflikte an der Nahtstelle zwischen Siedlung und Landschaft – beispielsweise zwischen Landwirten und Erholung Suchenden – haben zugenommen. Die Verfügbarkeit von siedlungsnahen Erholungsräumen trägt jedoch, wie Untersuchungen zur Naherholung zeigen, entscheidend zur Lebensqualität bei. Angesichts des steigenden Siedlungsdrucks und im Hinblick auf die erwartete dynamische Bevölkerungsentwicklung müssen diese Räume erkannt, gesichert und gezielt in Wert gesetzt werden. Ziel des Projekts «Siedlungsnahes Freiraumnetz» ist es, Möglichkeiten zur Sicherstellung und zur Entwicklung von kurz- und langfristig attraktiven, siedlungsnahen Erholungsräumen mit starker Identität aufzuzeigen.
Das Projekt «Siedlungsnahes Freiraumnetz» baut auf den Erkenntnissen zweier Projekte der Metropolitankonferenz Zürich auf: dem «Metropolitanraum Zürich als Parklandschaft» sowie dem «Metrobild». Es knüpft an die im Projekt «Metropolitanraum Zürich als Parklandschaft» vorgeschlagene Erarbeitung eines Parkzellennetzes für den Metropolitanraum an und konzentriert sich dabei auf einen wichtigen, aber noch häufig vernachlässigten Teil der Landschaft: Die Freiräume am Siedlungsrand und in Siedlungsnähe. Räume, in denen Begehrlichkeiten, dringlicher Handlungsbedarf und grosse Potenziale aufeinandertreffen – und in dem unkomplizierte Massnahmen viel bewirken können, wenn sie zielgerichtet umgesetzt werden.
Gemeinsam mit Müller Illien Landschaftsarchitekten war Planwerkstadt für die konzeptionelle und organisatorische Bearbeitung des Projekts verantwortlich, beauftragt durch das für die Projektleitung eingesetzte Amt für Raumentwicklung des Kantons Zürich. Die Arbeit wurde durch ein Projektteam aus Vertreterinnen und Vertretern von Städten und Gemeinden, Kantonen und einer Hochschule begleitet.
Vorwiegend Laubwälder prägen das Mittelland. Sie sind eigenständige Erholungsräume und raumbildendes Element zugleich. Wälder bieten in ihrem Innern wie in ihrer Umgebung, eine für die Naherholung vorteilhafte Kleinräumigkeit. Auch wenn sie nicht immer als naturnah oder artenreich bezeichnet werden können, sind sie der Inbegriff für das Erleben von Natur.
FREIZEIT ALS LEBENSSTIL
Während die Freizeit früher in erster Linie der Erholung von der Arbeit diente, ist sie heute zu etwas Eigenständigem geworden. Der Erlebniswert tritt in den Vordergrund. Freizeit wird zum Lebensstil. Die Natur wird als Raum für die Freizeit immer beliebter, der Druck auf sie steigt. Gleichzeitig ändern sich Erholungsbedürfnisse und Aktivitätsradius jedes Menschen im Laufe seines Lebens. Ein hochwertiges Freiraumangebot muss diesen sehr unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung tragen. Es muss siedlungsinterne, siedlungsnahe und siedlungsferne sowie überregionale Angebote beinhalten.
Überregional wichtige Ausflugsgebiete in der Landschaft, die «Hotspots» wie beispielsweise die Rigi oder der Rheinfall, geniessen in der Regel die nötige Aufmerksamkeit und sind kaum von einer Überbauung bedroht. Der siedlungsnahe Raum jedoch bleibt in der Planung häufig unbeachtet. Er wird nicht als Erholungsraum anerkannt, die Planungsinstrumente fehlen oder die Prioritäten werden anders gesetzt. Das Potenzial siedlungsnaher Freiräume liegt brach, obwohl es häufig mit einfachen Massnahmen oder einer Anpassung der Prioritäten aktiviert werden könnte.
Deshalb konzentriert sich das Projekt «Siedlungsnahes Freiraumnetz» auf die Aussenräume in Siedlungsnähe – in einem Radius, der für die meisten Nutzergruppen attraktiv ist. Der Metropolitanraum Zürich bietet mit seinem vielfältigen Geländerelief, zahlreichen Gewässern, viel Waldfläche und der Nähe dieser Angebote zu den Siedlungen, ideale Voraussetzungen für siedlungsnahen Freiraum. Er ist kein Luxus, sondern notwendige Ergänzung zu den siedlungsinternen Freiräumen und den «Hotspots». Hier findet die Erholung im Alltag statt.
Amt für Raumentwicklung, Kanton Zürich
Nutzergruppen und Aktivitäten: Freiräume benötigt und nutzt der Mensch in jeder Altersstufe. Der Aktivitätsradius verändert sich dabei im Laufe des Lebens ebenso wie die Art der Freizeitaktivitäten. Dafür sollten verschiedene Arten von Erholungs- und Freiräumen sinnvoll im Bewegungsradius der Zielgruppen platziert sein. So sind Angebote für Kleinkinder und Betagte in der direkten Wohn- und Arbeitsumgebung sinnvoll.
Kinder und Jugendliche, Familien mit älteren Kindern und Menschen im Arbeitsalter suchen ein differenziertes Angebot von der unmittelbaren Siedlungsnähe bis in die siedlungsfernere freie Landschaft.
Fest konstituierte, siedlungsinterne Grünräume wie Stadtparks sind in einigen wenigen Minuten erreichbar und werden eher für kleinere Pausen genutzt. Einen viel grösseren Teil ihrer Freizeit im Alltag, beispielsweise nach Feierabend, verbringen die Menschen auf Allmenden oder in Familiengärten am Siedlungsrand und in siedlungsnahen Freiräumen wie dem Seeufer, dem Wald oder dem klassischen Kulturland.
Siedlungsgeprägte Landschaftstypen im Metropolitanraum Zürich als Betrachtungsperimeter für das Projekt Siedlungsnahes Freiraumnetz (Quelle: Bundesamt für Raumentwicklung; Landschaftstypologie Schweiz)
Freiräume für die alltägliche Erholung liegen idealerweise nahe des Wohn- oder Arbeitsortes. Sie werden in über 50 Prozent der Fälle zu Fuss und zu 15 Prozent mit dem Velo aufgesucht und sind in höchstens 30 Minuten erreichbar. Wichtig ist also vor allem die direkte und attraktive Erschliessung dieser Freiräume für den Fuss- und Veloverkehr aus den Siedlungsgebieten, wo viele Menschen wohnen und arbeiten.
PLANUNGSHILFE FÜR GEMEINDEN
Das siedlungsnahe Freiraumnetz baut auf vorhandenen Qualitäten und Potenzialen auf. Es verzichtet auf neu angelegte grosse Freiräume mit Parkcharakter. Das Projekt bezeichnet und verortet vielmehr bestehende bzw. potenziell bedeutende Freiräume zur Erholung in Siedlungsnähe und gibt Handlungsempfehlungen zu ihrer Sicherung und zur Verbesserung der Erholungsqualität. Es baut auf multifunktionale Freiräume, die nicht allein durch die Erholungsnutzung geprägt sind.
Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden, Städten, Regionen und Kantonen treffen sich zweimal jährlich zur Metropolitankonferenz. In einer Diskussionsrunde anlässlich der Konferenz vom 23. Mai 2014 in Wil SG wurden Meinungen, Bedürfnisse und Anliegen zum Projekt «Siedlungsnahes Freiraumnetz» aufgenommen. Bilder: Verein Metropolitanraum Zürich.
Der im Oktober 2014 publizierte Ergebnisbericht zum Freiraumnetz liefert den Gemeinden verschiedene Hilfestellungen zum planerischen und entwerferischen Umgang mit siedlungsnahen Freiräumen.
Planwerkstadt war gemeinsam mit Müller Illien Landschaftsarchitekten für die inhaltliche und organisatorische Bearbeitung des Projekts zuständig. Der Auftrag umfasste folgende Leistungen, die durch ein Projektteam, bestehend aus Vertreterinnen und Vertrtetern von Mitgliedern der Metropolitankonferenz, begleitet wurde:
- Inhaltlicher und methodischer Vorgehensvorschlag
- Auswertung bestehender Grundlagen
- Definition von Kriterien für siedlungsnahe Freiräume
- Analyse der bestehenden Situation aufgrund einer Untersuchung von drei Modellräumen
- Sammlung von Beispielen für die Planung und Realisierung von siedlungsnahen Freiräumen
- Konzeption und Gestaltung eines Ergebnisberichts als Planungshilfe für Gemeinden
- Organisation Gruppendiskussion an der Metropolitankonferenz vom 23. Mai 2014
- Administrative Unterstützung der Projektleitung