Dörfliche Strukturen weiterdenken
Dörfliche Strukturen weiterdenken
Auftraggeber
Gemeinde Zollikon, Gemeinderat
Zeitraum
2013 - 2015
Ansprechperson
Dieter Zumsteg
+41 (0)44 456 20 11
Mit dem Neubau des Wohn- und Pflegezentrums Blumenrain wurde das in den Siebzigerjahren in Zollikon erstellte Pflegezentrum Beugi ersetzt. Das Areal inmitten des Dorfzentrums steht seit 2016 für eine Neunutzung zur Verfügung. Der Gemeinderat von Zollikon hat vorgängig entschieden, die Entwicklung des Ortskerns an die Hand zu nehmen. Verschiedene angrenzende Areale wirken in nächster Zukunft ebenfalls durch geplante Veränderungen auf den zentralen Ort ein. Planwerkstadt unterstützte die Gemeinde im gesamten Planungsprozess sowie der Organisation und Begleitung einer Testplanung, welche Aussagen zur Verbesserung des Einkaufs- und Dienstleistungsangebots sowie zur Bereitstellung neuen Wohnraums liefert.
Zollikon zählt etwas weniger als 13'000 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand 2017). Der historische Ortskern der Seegemeinde besteht aus Bauten, die teils im 16. Jahrhundert errichtet wurden (z.B. das Wirts- und Gesellenhaus «Rössli» aus dem Jahr 1562).
Im März 2013 haben die Zolliker Stimmberechtigten dem bislang höchsten Baukredit in der Gemeinde zugestimmt und den Startschuss für das über 50 Millionen Franken teure Grossprojekt Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain erteilt. Im Mai 2016 war der Neubau mit rund 110 Pflegeplätzen errichtet und bezugsbereit. Das bestehende Wohn- und Pflegezentrum Beugi wurde frei und verlor seine Zweckbestimmung. Im Kern von Zollikon stehen in den nächsten Jahren noch weitere bauliche Massnahmen an oder sind bereits im Gang. Neben Veränderungen bei den Nutzungen und Angeboten bietet sich die Chance, die öffentlichen Räume attraktiver zu gestalten sowie die Verhältnisse für den ruhenden und rollenden Verkehr zu optimieren. Der Ortskern soll insgesamt wieder stärker belebt werden und an Attraktivität gewinnen.
Siegerprojekt ESPARTOGRAS aus dem 2010 hervorgegangenen Projektwettbewerb für das neue Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain in Zollikon. Projekt: von Ballmoos Krucker Architekten AG, Oben Visual: maaars architektur visualisierungen. Im Frühling 2016 konnte der Umzug in den Neubau vollzogen werden. (Bild unten: Georg Aerni)
Gestützt auf die Ergebnisse einer 2013 durchgeführten Planungswerkstatt mit der Bevölkerung von Zollikon hat der Gemeinderat beschlossen, mittels einer Testplanung die Entwicklung des Zolliker Ortskerns anzugehen. Für die räumliche und nutzungsmässige Konkretisierung des Vorhabens sollten drei eingeladene Planungsteams, zusammengesetzt aus den Disziplinen Architektur/Städtebau und Landschaftsarchitektur sowie Fachleuten für Nutzungsstrategien, Ideen und Entwurfsansätze erarbeiten, welche an Workshops mit dem Gemeinderat und einem Begleitgremium diskutiert werden.
fundierte Diskussion dient Lösungsfindung
Im April 2014 wurden die Konzepte der drei Planungsteams anlässlich eines Workshops mit dem Gemeinderat und den Vertretern der Baubehörde, des Kernteams sowie des Fachexpertengremiums diskutiert. Interessierte Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer sowie Gewerbetreibende hatten ebenfalls die Gelegenheit, die drei Konzepte zu sichten und Fragen zu stellen. Die fachliche Beurteilung erfolgte nach abgeschlossener Überarbeitung im Juni 2014. Im September 2014 fand die ganztägige Schlussveranstaltung statt, an welcher die Teambeiträge von den Fachexpertinnen und Fachexperten vorgestellt, noch einmal intensiv diskutiert und die nächsten Schritte festgelegt wurden.
Die Zolliker Bevölkerung nutzte die Veranstaltungen 2014, um ihre Vorstellungen für eine wünschbare Entwicklung im Ortskern einzubringen. Der Perimeter umfasste Liegenschaften der öffentlichen Hand wie auch von Privaten (dunkle Färbung).
Die entwickelten Vorschläge ermöglichten eine fundierte Diskussion über den bedeutenden Ort in Zollikon. Aus allen Arbeiten konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Das Verschränken von städtebaulichen, landschaftlichen und nutzungsspezifischen Themen war sehr wertvoll. Die Testplanung hat sich dabei als adäquates Verfahren herausgestellt. Die für diesen Ort zentralen ortsbaulichen Eckpunkte konnten herausgeschält, die Spielräume ausgelotet und die relevanten Schlüsse gezogen werden.
Der Gemeinderat skizzierte zusammenfassend die folgende Wertehaltung für die zukünftige Entwicklung des Dorfkerns:
- Zollikon soll den Charakter eines eigenständigen Dorfes behalten und sich nicht zu einem urbanen Ort, vergleichbar mit einem Stadtquartier Zürichs, wandeln. Die Entwicklungsschritte sollen in diesem Sinne gesteuert werden.
- Der Freiraum wird als grosse Qualität betrachtet. Er soll ein offener Raum bleiben und nicht überbaut werden. Die Aufenthaltsqualität für alle gilt es zu verbessern.
- Das Beugi-Areal soll nicht verkauft werden, sondern mit einem Investor entwickelt und diesem im Baurecht abgegeben werden. Ein Grossverteiler soll auf dem Areal Platz finden.
- Massnahmen an/auf dem Dorfplatz sollen dazu führen, dass dieser mehr «emotionale Aktivitäten» (Sitzgelegenheiten, Wasserspiele, Bäume, etc.) bietet.
- Die Alte Landstrasse soll räumlich und qualitativ gestärkt werden. Sie soll das zentrale Element des öffentlichen Lebens sein.
- Nicht alles findet Platz im engeren Zentrum Zollikons. Gewisse Nutzungen wie beispielsweise Wohnungen für das Segment 60 plus oder zahlbare Familienwohnungen könnten auch auf anderen Arealen (z.B. Volièren-Areal) angeordnet werden.
Das Wohn- und Pflegezentrum Beugi war für Zollikons Seniorinnen und Senioren über 40 Jahre eine zentrale Adresse im Dorfzentrum. Im Mai 2016 wurde der Ersatzneubau Blumenrain am neuen Standort bezogen.
Im Vorschlag des Teams Christian Salewski & Simon Kretz Architekten GmbH / Studio Vulkan Landschaftsarchitektur GmbH / Zeugin Gölker Immobilienstrategien GmbH / Integral Ruedi Baur sah der Gemeinderat seine Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung des Dorfkerns am besten berücksichtigt.
koordiniert aktivieren
Das Team geht davon aus, dass sich das Zentrum von Zollikon über zwei Bereiche strukturiert und definiert, die unmittelbar nebeneinander liegen und sich gegenseitig beeinflussen: Den dichten historischen Dorfkern an der Alten Landstrasse einerseits und den weiten, parkartigen Campus der Schul- und Sportanlagen andererseits. Diese zwei Bereiche sollen sich künftig noch viel stärker bereichern, verschränken und zu einer prägenden Gesamtidentität verschmelzen. Essentiell hierfür ist eine umfassende Palette von Aktivierungsmassnahmen auf verschiedenen Ebenen. Eine Schlüsselrolle kommt den beiden Grossverteilern zu. Die grossen Bauvolumen sind schrittweise umzulagern und unterirdisch (Beugi-Areal) anzuordnen, wobei sie oberirdisch als ortsverträgliche Ensembles von Wohnbauten in Erscheinung treten können. Der gesamte Umbau- und Aktivierungsprozess bedarf Jahre und eines hohen Masses an Koordination.
Der Kern von Zollikon soll wieder stärker belebt werden und an Attraktivität gewinnen. Projekt und Visualisierung: Team Studio Vulkan / Salewski & Kretz / ZeuginGölker / Integral Ruedi Bauer.
Das Potential von Zollikon - so die Verfasser dieses Konzepts - liegt im Vorhandensein der beiden analysierten Sphären Dorfkern und Campus sowie in der Weise, wie sie zusammenwirken und zu einer neuen sehr spezifischen Identität finden können. Projekt und Visualisierung: Team Studio Vulkan / Salewski & Kretz / ZeuginGölker / Integral Ruedi Bauer.
Als nächster Planungsschritt wurde das genannte Team mit einer Machbarkeitsstudie über das Beugi-Areal beauftragt. Die Erkenntnisse dienen nun sowohl der konkreten Projektentwicklung des Beugi-Areals als Basis, wie auch als Input für nächste Veranstaltungen mit der Zolliker Bevölkerung.
Am 10. Juni 2015 befürworteten die Zolliker Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung mit 151 Ja- zu 21 Nein-Stimmen den Planungskredit für die weitere Planung des Areals Beugi inklusive Evaluation des Baurechtnehmers sowie die Ausarbeitung der Vorlage für die Abgabe im Baurecht in der Höhe von CHF 690'000.--. Die Bevölkerung unterstützte damit den vom Gemeinderat eingeschlagenen Weg zur Gestaltung und Nutzung des Beugi. Ebenfalls gutgeheissen wurde der zweite Antrag von CHF 260'000.-- für weitere Arbeiten im Zusammenhang mit der Ortskernentwicklung.
- Beratung Gemeinderat zum Setting der Ortskernentwicklung
- Organisation und Begleitung Testplanung
- Begleitung / Koordination Machbarkeitsstudie
- Organisation und Begleitung von zwei Veranstaltungen mit der Bevölkerung