Gemeinsam gebaute Stadt verdichten
Gemeinsam gebaute Stadt verdichten
Auftraggeberin
Einfache Gesellschaft Altwiesen-/Dübendorfstrasse
Zeitraum
2011 - 2018
Ansprechperson
Men-Duri Gaudenz
+41 (0)44 456 20 18
Architektur / Städtebau
Boltshauser Architekten AG, Zürich
Landschaftsarchitektur
Müller Illien Landschaftsarchitekten GmbH, Zürich
An der Altwiesen-/Dübendorfstrasse befindet sich eine sanierungsbedürftige Wohnüberbauung aus den Fünfzigerjahren. Die Liegenschaften auf dem 30’000 m2 grossen Areal sind heute im Besitz verschiedener Parteien. Zur Weiterentwicklung des Gebiets haben sich 14 Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer zusammengeschlossen und einen privatrechtlichen Planungsprozess gestartet, welchen Planwerkstadt seit 2010 begleitet. Der lancierte Dialog mit allen Beteiligten ist der Grundstein für die Realisierung einer qualitätsvollen baulichen Verdichtung, welche die städtebaulichen Randbedingungen im Quartier erfüllt und den Bedürfnissen aller Eigentümerparteien Rechnung trägt.
Das themenübergreifende Arbeiten und der Dialog mit allen Beteiligten im Workshopverfahren begünstigen den Projektfortschritt in hohem Masse.
Wie bei vielen Liegenschaften aus den Fünfzigerjahren stellt sich die Frage nach dem Umgang mit der vorhandenen Substanz. Die einst von einem einzigen Bauträger nach dem Steiner-Plan konzipierte Wohnsiedlung an der Dübendorfstrasse ist heute im Grundeigentum verschiedener Parteien. Darunter befinden sich eine Wohnbaugenossenschaft, institutionelle sowie mehrere private Parteien mit unterschiedlich grossen Grundstücken zwischen 700 m2 bis 8’000 m2. Der ungleiche Erneuerungsbedarf der einzelnen Liegenschaften führt zu sehr individuellen Vorstellungen hinsichtlich des Zeithorizonts für die Weiterentwicklung des Areals. Erschwerend wirkt zudem die beschränkte Bereitschaft, vom eigenen Grund und Boden, im Falle von Landumlegungen, Abschied zu nehmen.
Im Verbund zum Ziel
Eine weitere Randbedingung beeinflusst das Bauen an diesem Ort. Die vom 1948 amtierenden Stadtbaumeister A.H. Steiner entwickelte Bebauungsordnung, im Geist der Gartenstadt, prägt das Quartier grundlegend. Dieses nach den selben Prinzipien in die Zukunft zu führen, bildet eine Herausforderung.
In der Wohnsiedlung zwischen Schwamendingerplatz und dem Bahnhof Stettbach steckt, bei optimaler Ausnutzung der Nutzflächen, viel Verdichtungspotential.
Die starke Durchgrünung des Quartiers trägt heute beträchtlich zur Wohnqualität Schwamendingens bei und beruht auf Elementen des Steiner-Plans. So beispielsweise die Freiraumachsen oder die Art und Weise der Setzung der Bauten an den Strassen und Wegen.
Planwerkstadt begleitet den privatrechtlichen Planungsprozess seit Beginn als Fachplanerin. Im 2010 wurden in einer ersten Phase alle Bedürfnisse der Grundeigentümerschaft gesammelt und analysiert. Es war bald klar, dass das Ziel einer optimalen Ausnützung der Nutzungsreserven im Perimeter nur erreicht werden kann, wenn möglichst viele Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer Teil der Planung werden.
Ursprünglich wurde das Areal von einem Bauträger erstellt – heute ist es im Besitz von 14 Parteien. Keine Partei ist gezwungen mitzumachen, es basiert alles auf Freiwilligkeit. Der Prozess bedingt aber mitunter ein grosses Verständnis für eine lange Planungsdauer.
VERFAHRENSWAHL BEWÄHRT SICH
Anlässlich zweier Versammlungen mit der Eigentümerschaft galt es zuerst Überzeugungsarbeit zu leisten und eine einfache Gesellschaft nach OR zu gründen. Der Gesellschaftervertrag umschreibt die Organisation sowie die Finanzierung der Planung bis hin zur Auflösung der Gesellschaft. Das Konstrukt basiert auf Freiwilligkeit aller Gesellschafter und bedingt Einstimmigkeit für alle Beschlüsse.
Nach der Bildung der Trägerschaft wurden mittels einer städtebaulichen Machbarkeitsstudie konzeptionelle Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. Dabei sind quartierplanrechtliche Grundsätze beachtet worden, um im Falle einer Nichterreichung des Gesellschaftsziels die bereits erarbeiteten Grundlagen ins amtliche Zürcher Quartierplanverfahren überführen zu können.
Nur mit einem starken städtebaulichen Bild kann die Antwort geliefert werden, ob die angestrebte Innenverdichtung tatsächlich möglich ist. In einer zweiten Projektphase ab 2013 wurde entschieden, ein sogenanntes Workshopverfahren durchzuführen. Die üblichen Verfahren wie Wettbewerbe, Studienaufträge oder Testplanungen erschienen wenig erfolgsversprechend aufgrund der sehr heterogenen Zusammensetzung der Grundeigentümerschaft mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen.
Die Arbeit des beigezogenen Planungsteams bestehend aus Boltshauser Architekten und Müller Illien Landschaftsarchitekten konnte in unterschiedlichen Projektständen in mehreren Veranstaltungen mit allen Beteiligten intensiv diskutiert und der Projektfortschritt ständig nachvollzogen werden. Dass das vorliegende Zielbild in den Hauptpunkten nun von allen getragen wird, ist die erfreuliche Folge des gewählten Vorgehens.
Der städtebauliche Entwurf wurde 2014 im städtischen Baukollegium präsentiert, welches dem Vorschlag eine hohe Qualität attestierte. Besonders gewürdigt wurde der gewählte Prozess. Es wurde von der Stadt explizit gewünscht, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen und mit demselben Team in die nächste Phase einzusteigen.
Varianten eines möglichen städtebaulichen Zielbilds. (Visualisierungen: Boltshauser Architekten)
Dasselbe Planungsteam hat in der Folge das Zielbild vertieft und ein städtebauliches Konzept erarbeitet, welches im Januar 2018 erneut dem Baukollegium der Stadt Zürich vorgestellt wurde. Das Baukollegium kam zum Schluss, dass das Projekt den Nachweis erbringt, dass die Gartenstadt auch unter der Prämisse der Verdichtung qualitätsvoll und ortsspezifisch weitergebaut werden kann.
Das städtebauliche Konzept diente als Grundlage für den exekutiven privaten Gestaltungsplan und den privaten Landumlegungs- und Erschliessungsvertrag. Der Gestaltungsplan wurde am 10. September 2021 von der Baudirektion genehmigt und am 17. Januar 2022 durch den Stadtrat festgesetzt. In den nächsten Jahren wird das überzeugende Resultat dieses mehrjährigen und komplexen Planungsprozesses in drei Bauetappen in die Realität umgesetzt. Weitere Informationen zur Projektentwicklung sind auf der Projektwebseite nachzulesen.
- Beratung für Vorgehen / Methodik
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- Erarbeitung Gestaltungsplan
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